Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag und mündet in die Feier der Osternacht von Karsamstag auf Ostersonntag. Ursprünglich war diese Woche geprägt von großer Freude und Jubel über den Einzug in Jerusalem, über die Einsetzung des Abendmahls und die Wiederaufnahme der Sünder in die Gemeinschaft der Gläubigen am Gründonnerstag - und tiefer Trauer am Karfreitag über den Tod Jesu am Kreuz und dem Verharren in der Trauer am Karsamstag. Das Wort "kara" kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet: Trauer. Der Name der Karwoche beschreibt damit auch schon ihren Charakter.
"Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!" - mit diesen Worten umjubelten die
Menschen den Einzug Jesu in Jerusalem, der auch der Beginn seiner Leidenszeit ist. Sie begrüßten ihn mit Palmenzweigen, während Jesus auf einem jungen Esel an ihnen vorbei in die Stadt ritt und
sprach, wie es der Prophet Sacharja angekündigt hatte, um damit zu zeigen, dass dies nun erfüllt würde durch ihn: "Fürchte Dich nicht, du Tochter Zion! Siehe dein König kommt und reitet auf einem
Eselsfüllen."
Auch heute noch denken die Christen in den Palmsonntagsgottesdiensten an Jesu Einzug - und vielerorts tun sie dies auch mit Palmzweigen und Palmprozessionen.
Der Gründonnerstag ist der Tag vor dem Karfreitag und damit der Tag, an dem Jesus das Abendmahl mit
seinen Jüngern feierte und ihnen den Auftrag gab, dieses Mahl immer wieder zu seinem Gedächtnis zu feiern.
Der Gründonnerstag trägt verschiedene Namen. Der liturgische Name war einst: "Geburtstag des Kelchs", als Geburtsstunde des Abendmahls, "Weißer" oder auch "Guter Donnerstag".
Die Herkunft des Namens "Gründonnerstag" ist umstritten. Möglicherweise rührt er von dem Wort "greinen", was soviel bedeutet wie: "weinen" her. Denn der Gründonnerstag war der Tag, an dem das
Weinen der Sünder ein Ende hatte und sie wieder in die Gemeinde aufgenommen wurden. Andere Erklärungen sagen, dass das Essen grüner Kräuter an diesem Tag Namensgeber ist - oder auch die Benutzung
grüner Paramente.
Durch die Einsetzung des Abendmahls hat Jesus nicht nur mit seinen Jüngern ein Gemeinschafsmahl
gehalten, sondern auch den Christen ein unermessliches Geschenk gemacht, da sie dadurch mit ihm immer wieder eine enge Gemeinschaft erleben dürfen. So wurde der Gründonnerstag früher
tatsächlich als Freudenfest gefeiert, das einen Vorgeschmack gibt auf das Ewige Leben in Gottes Gegenwart.
In der evangelischen Kirche ist dieser Freudencharakter des Abendmahls im Laufe der Jahrhunderte verdrängt worden von einem Bußcharakter. Selbst am Gründonnerstag, an dem - als einzigem Tag
der Passionszeit - das "Gloria" und das "Halleluja" gesungen werden und die weißen Paramente von der Freude künden.
In vielen evangelischen Gemeinden wird am Abend des Gründonnerstags ein Abendmahlsgottesdienst in besonderer Form gefeiert.
An diesem Tag gedenken die Christen dem Kreuzestod Jesu - und der Dunkelheit, die sich über die
Menschen durch diesen Tod senkt.
Vielerorts wird als Zeichen dieser Trauer und der Hoffnungslosigkeit der Altar leergeräumt, die Orgel und die Glocken schweigen und das Kreuz wird mit einem schwarzen Tuch verhüllt. In manchen
Gemeinden werden zur Todesstunde Jesu um 15.00 Uhr Gottesdienste gefeiert, in denen die Johannespassion gelesen oder gesungen wird.
Christen leben in einer Zeit, in der sie wissen, dass Ostern kam und Jesus auferstanden ist - und der Tod damit das letzte Wort verloren hat. Dennoch zeigt die Feier des Karfreitags jedes Jahr
aufs Neue das Entsetzen über den Tod des Mannes, der der Heiland der Welt, der die Hoffnung für die Welt ist. Dieser Tag nimmt die Menschen mit hinein in die Verlassenheit und die Angst, die
Jesus auf dem Weg zum und dann am Kreuz empfunden hat - und die er hinausschreit mit den Worten: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Markus 15,34) - und durch die er uns
Menschen in unseren Verlassenheiten so nahe ist.
Der Karfreitag zeigt, wie schwarz die Welt ohne diesen Mann war - und in welche Hoffnungslosigkeit die Menschen ohne ihn stürzen müssten. Auch heute noch - wäre er nicht auferstanden.
Zum anderen erinnert der Karfreitag an die Sünden der Menschen, um derentwillen Christus gestorben ist - und mahnt damit die Christen, ihr Leben zu überdenken und neu auszurichten.
Dieser Tag ist merkwürdig - er ist kein Feiertag, die Geschäfte haben geöffnet, die Vorbereitungen auf den Ostertag laufen, auch in den Familien - und doch ist er ein Tag, an dem die Trauer über den Tod Jesu anhält. Christus ist tot, er ist begraben und auch die Hoffnung ist gestorben. Erst am Abend, wenn die Feiern zur Osternacht beginnen, kommt das Leben zurück.